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Sense of Sibelius
Camerata Zürich
Janne Valkeajoki, Akkordeon 
Joonas Pitkänen, Leitung


 
Jubiläumskonzerte 2024/
10 Jahre Feeling blue & white

Aulis Sallinen (*1935)

Kammermusik V op. 80 Barabbas Variationen für Akkordeon und Streichorchester (2000)


Jean Sibelius (1865-1957)

Symphonie Nr. 6 d-Moll op. 104 (1923), Arrangement von Edward Rushton für Kammerorchester (2024)

 

Jean Sibelius (1865-1957)

Symphonie Nr. 7 C-Dur op. 105 (1924), Arrangement von Steffan Rees für Kammerorchester (2015)
 

 

Konzertdauer ca. 75 Minuten, ohne Pause

Martinskirche, November 2024

Jean Sibelius

Mit „Barabbas Variationen“ von Aulis Sallinen interpretieren Janne Valkeajoki (*1992) und Camerata Zürich eines der wichtigsten Orchesterwerke für Akkordeonkünstler. Der Komponist Sallinen ist fasziniert sowohl vom Klangreichtum des Instruments als auch vom breiten und anspruchsvollen Repertoire, welches bereits für das Akkordeon geschrieben worden ist. Auch für ihn sei es inspirierend, mehrstimmige und moderne Werke für ein Instrument mit einem traditionellem „Image“ zu komponieren.


Janne Valkeajoki ist ein versierter Interpret der zeitgenössischen Musik und sein grosses Engagement gilt den Uraufführungen neuester Akkordeonwerke von finnischen Komponisten. Neben Sallinen arbeitet er u. a. mit Cecilia Damström, Kalevi Aho und Magnus Lindberg zusammen. 2021 erschien sein Debütalbum „Magnus Lindberg: Sämtliche Werke für Akkordeon“.   


Valkeajoki ist ein Absolvent der Sibelius-Akademie in Helsinki, einer pionierhaften Musikhochschule im Gebiet der klassischen Akkordeonausbildung (eingeführt bereits 1977) und der Hochschule für Musik Würzburg. Er tritt regelmässig in der Schweiz auf, zuletzt 2022 im Rahmen einer Konzerttournee mit diversen Uraufführungen und 2024 bei den Akkordeon Tagen Schweiz.   

Jean Sibelius komponierte sieben Sinfonien. Die Themen der letzten zwei Sinfonien trug er lange bei sich. Auf das Notenpapier brachte er sie erst in der sogenannten letzten Schaffensperiode, 1923-26. Somit gehören sie zu seinem Spätwerk. Aufgrund der wenigen Tagebucheinträge wissen wir leider nicht allzu viel über die Entstehung und Entwicklung seiner letzten grossen Orchesterwerke. Als Tagebuchmensch hatte Sibelius jahrelang seine Gedanken und Erlebnisse aufgeschrieben, zum Reisen und Familienleben, zur Kultur und Weltpolitik und zu seiner künstlerischen Arbeit. Dank dieser Einträge ist sehr viel über seine früheren Werke bekannt. Ab 1923 wurden die Notizen leider immer seltener: Ein paar Zeilen im Januar, einige Vermerke im Mai, dann wieder Aufzeichnungen im September und Oktober.
 

Obwohl das Tagebuchschreiben von Sibelius in dieser Zeit auf einige wenige Seiten pro Jahr fällt und er sich etwas düstere Gedanken über den Herbst seines Lebens macht, „Wie tragisch ist doch das Schicksal eines alt werdenden Komponisten“, erlebt er einen intensiven Moment der Kreativität. Neben den Sinfonien Nr. 6 und Nr. 7 komponiert er zwei weitere bedeutende Orchesterwerke: Der Sturm op. 109, eine themenreiche Bühnenmusik zum gleichnamigen Theaterstück von Shakespeare („The Tempest“) und die sinfonische Dichtung Tapiola op. 112, als Auftragswerk für die New York Symphonic Society. Für Sibelius war es einerseits eine produktive Arbeitsphase, andererseits kämpfte er mit gesundheitlichen Problemen. Er litt am Händezittern und depressiver Stimmung, hinterfragte sein Schaffen. „Ich bin zu selbstkritisch und arbeite langsamer“.


In der Wirklichkeit war sein Arbeitstempo rasch und die selbstkritische Haltung charakteristisch für ihn. Als Komponist stand er oft vor der Qual der Wahl. Sein Geist war voller musikalischen Ideen und seine Fantasie sprudelte von Motiven und Themen. Um Meister dieser künstlerischen Ansätze zu werden, musste er geduldig mit dem inneren Kritiker umgehen. Davor hatte er selbst am meisten Respekt.
Jean Sibelius hatte seine Sinfonien Nr. 1-5 stets in Helsinki uraufgeführt und auch die Erstaufführung der Sinfonie Nr. 6 fand in Helsinki statt. Dieser Auftritt im Februar 1923 war das letzte Mal, das er ein Konzert in seiner Heimat dirigierte. «Die Schatten werden länger …»


Für die Uraufführung der Sinfonie Nr. 7 reiste Sibelius im März 1924 nach Stockholm und stellte sie unter dem Namen „Fantasia sinfonica No 1“ vor Die Komposition ist formal aussergewöhnlich: Anstatt der üblichen vier Sätze besteht sie aus einem einzigen durchgehenden Satz, in welchem sich die Motive aufeinander beziehen. Weil Sibelius hier bewusst auf eine feste Form verzichtete, nannte er das avantgardistische Stück zuerst „Sinfonische Fantasie“, wandelte es aber später zur „Sinfonie“ um.   
Sibelius dirigierte die Uraufführungen seiner Sinfonien selbst, obwohl die Arbeit am Pult wegen des Lampenfiebers stets mit viel Druck verbunden war. „Wäre ich Dirigent geworden, hätte ich nach wenigen Jahren ein Burnout bekommen. So ist mein Temperament.“ Nervös vor den mit viel Interesse erwarteten Konzertveranstaltungen waren meistens auch die Orchestermusiker. Nicht selten verliefen die Proben chaotisch. Vor dem Orchester stand mit Sibelius zwar der Komponist, aber auch ein unausgebildeter Dirigent. Für die Vorbereitung blieb nicht viel Zeit. Oft vollendete Sibelius seine Kompositionen kurz vor
der Premiere und die Musiker erhielten die Noten erst in der ersten Probe. In seinen Briefen und Tagebüchern beschrieb der Maestro den Verlauf von Orchesterproben oft als schwierig und gemäss Musikern gestalteten sich die Generalproben manchmal als Fiasko. Umso überraschter waren dann alle Involvierten, als sie ihre eigenen Erwartungen in den Konzerten übertrafen und es den Musikern wie durch ein Wunder gelang, ein neues Werk des weltweit gefeierten Komponisten mit einem fabelhaften Klang zu interpretieren.


Auf sein Showtime-Charisma war Verlass! Jean Sibelius hatte eine magische Ausstrahlung. Er war ein von Kritikern gelobter Kosmopolit, der zu den Metropolen der Welt eingeladen wurde, um seine Musik mit der einzigartigen Tonsprache aufzuführen. In ihm lebte aber auch ein bescheidener Naturmensch und ein Mystiker, der sich gerne in die „Stille von Ainola“, seinem Landhaus zurückzog.


Mit der sechsten Sinfonie reiste der charismatische Künstler anderthalb Monate in Europa und stellte sie in Stockholm, Göteborg, Berlin, Rom und Wyborg vor. Die Siebte präsentierte er im Rahmen einer internationalen Konzerttournee vor ausverkauften Sälen. Mit dabei hatte er Publikumslieblinge, wie Finlandia, Der Schwan von Tuonela, Valse Triste, Pelléas et Mélisande, Der Liebende und Die Okeaniden.


«Ich habe über 200 Konzerte im Ausland dirigiert.» Zum einen war die Konzerttätigkeit auf internationalen Bühnen wichtig für das freiberufliche Künstlerleben und die Vermarktung der Kompositionen, zum anderen genoss Sibelius die Begegnungen mit kulturbegeisterten Zuhörern, die freundschaftlichen Treffen mit Musikern und Komponistenkollegen, wie Carl Nielsen, Wilhelm Stenhammar und Ferruccio Busoni und den ehrenvollen Austausch mit königlichen Konzertgästen. Den Interessierten gab er seine künstlerische Sichtweise bekannt: 

 

«Eine Sinfonie muss im Aufbau Strenge, Stil und Logik haben, die einen inneren Zusammenhang zwischen allen Motiven schafft.»

Konzertplakat Sense of Sibelius 15.11.24
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